Warum werden Lebensmittelgase benötigt?
Alles hat seine Haltbarkeit, bei Lebensmitteln ist diese besonders offensichtlich. Jeder kennt das Brot, das plötzlich einen schimmeligen Pelz erhält oder das Fleisch, das sich bräunlich verfärbt und einen unangenehmen Geruch produziert. Damit unsere Lebensmittel vom Produzenten zum Supermarkt und auf den Teller des Endverbrauchers gelangen, appetitlich aussehen und tatsächlich genießbar sind, muss die Lebensmittelindustrie die Haltbarkeit unseres Essens künstlich verlängern.
Zur gängigen Praxis gehört dabei der Einsatz von Lebensmittelgasen. Doch nicht nur die Haltbarkeit von Lebensmitteln wird durch die Verwendung von Gasen beeinflusst, sondern auch der Geschmack. So zum Beispiel bei kohlensäurehaltigen Getränken wie Wasser oder Wein. Welche Lebensmittelgase dabei zum Einsatz kommen und zu welchen Methoden die Lebensmittelindustrie greift, das wird im nachstehenden Artikel untersucht.
Die Haltbarkeit von Lebensmitteln variiert stark und ist abhängig von unterschiedlichen Faktoren wie dem Grad der Verarbeitung von Produkten, den Hygienebedingungen bei der Produktion, dem Salzgehalt der Lebensmittel sowie dem Wasseranteil und dem pH-Wert, der Temperatur und Feuchtigkeit bei der Lagerung und natürlich der Verpackung.
Dabei ist die Lebensmittelindustrie stets im Wettrennen gegen die Zeit, denn der biochemische Zerfall beginnt sofort nach der Ernte, Schlachtung oder Zubereitung. Teilweise wird der Zerfall genutzt, um das Produkt zu vollenden, wie bei der Herstellung von Wein, Käse oder Räucherfleisch. Doch dieser Prozess des Verderbs ist stets kontrolliert.
Meistens führt vor allem die Oxidation dazu, dass das Produkt an Qualität und Genießbarkeit verliert. Es gilt: je öfter das Produkt verarbeitet wird, desto schneller setzt der biochemische Abbau ein. So wird zum Beispiel geschnittenes Obst oder auch Fleisch eher ungenießbar als unbehandelte Produkte. Denn mit jeder Behandlung, ob bei Herstellung oder Verpackung werden den Lebensmitteln Verunreinigungen zugeführt, die den Prozess des Verderbs beschleunigen.
Nun können die Zerfallsprozesse bei Lebensmitteln durch den Einsatz bestimmter Gase und Kältemittel verlangsamt werden, wodurch nicht nur die Haltbarkeit deutlich erhöht, aber auch die Müllproduktion reduziert wird, da weniger schlecht gewordene Lebensmittel entsorgt werden müssen. Auch werden beim Einsatz von Schutzgasen weniger bis keine Konservierungsstoffe verwendet, was dem Wunsch der Konsumenten nach natürlichen Lebensmitteln zusagt. Eine angewandte Technik ist dabei die Verpackung unter Schutzatmosphäre.
Was sind die gesetzlichen Anforderungen?
Wie alle Lebensmittel-Zusatzstoffe, müssen auch Gase die im Lebensmittelbereich eingesetzt werden, erhöhten Anforderungen entsprechen.
Nach Art.1 der Richtlinie 89/107/EWG ist jeder Stoff, der im Zuge der Herstellung oder Verarbeitung von Lebensmitteln selbst zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden kann, ein Lebensmittelzusatzstoff. Diese sind nach Art. 2 der Verordnung (EG) 178/2002 wie Lebensmittel zu behandeln. Wie für alle anderen Lebensmittel wird nun auch für Gase, die im Lebensmittelbereich eingesetzt werden, ab 1.1.2005 die Rückverfolgbarkeit nach Art.18 der Verordnung (EG) 178/2002 in allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen gefordert. Weiterhin müssen Lebensmittelgase, für die eine E-Nummer definiert ist, nach der Richtlinie 96/77/EG bestimmte Reinheitsanforderungen (Spezifikationen) einhalten und gemäß Art.7 der Richtlinie 89/107/EWG gekennzeichnet sein (vgl. deutsche Zusatzstoff-Verkehrsverordnung).
Was ist die Verpackung unter Schutzatmosphäre?
Bei Schutzgasverpackungen oder MAP (Modified Atmosphere Packaging) wird die natürliche, sauerstoffreiche Umgebungsluft in der Verpackung eines Produkts verdrängt und ihr stattdessen ein Gas oder Gasgemisch zugeführt, das als gasförmige Hülle das Produkt schützt. Diese Methode zur Verlängerung der Haltbarkeit wird auch bei Lagerung und Transport eingesetzt und ermöglicht so internationalen Handel. Die Bestandteile und Mengenverteilung des Gasgemischs sind dabei stark abhängig von den jeweiligen Lebensmitteln.
Welche Schutzgase für Lebensmittel gibt es?
Die häufigsten Gase, die bei der Lebensmittellagerung, -verpackung und -produktion zum Einsatz kommen sind hauptsächlich Kohlenstoffdioxid und Stickstoff. In einigen Fällen werden jedoch auch Argon, Sauerstoff sowie Wasserstoff und Helium eingesetzt. Auf der Verpackung erkennst du den Einsatz von Gasen durch die Kennzeichnung mit E-Nummern.
Kohlendioxid (CO2) oder E 290
Anwendungsbereiche: Getränkeabfüllung, Verpacken von Nahrungs- und Genussmitteln, Inertisierungen, Trinkwasseraufbereitung, Pflanzendüngung, Schweinebetäubung, Schockgefrieren, Kühlen und Härten von Lebensmitteln
CO2 entsteht aus Verbrennungs- oder chemischen Prozessen, hat aber auch natürliches Vorkommen vulkanischen Ursprungs und fällt durch Fermentation an. Kohlenstoffdioxid ist ein farbloses und geschmacksneutrales Gas, das dazu auch geruchsfrei ist und somit das perfekte Schutzgas für Lebensmittel darstellt. Es verdrängt den Sauerstoff und verhindert die Oxidation und Wachstum von Mikroben.
Bei einer höheren Dosis CO2 bekommen Lebensmittel einen säuerlichen Geschmack, den man für gewöhnlich vom stark kohlensäurehaltigem Wasser kennt. Daher wird Kohlendioxid meist als Zusatzgas in einem Gasgemisch verwendet. In seiner reinen Form kann es allerdings als Schutzmittel für Hartkäse oder auch Aufbackbrot fungieren. CO2 kann allerdings aus der Packung diffundieren oder vom Produkt absorbiert werden - die Packung fällt zusammen. Als Schutzgasatmosphäre wird daher je nach Lebensmittel CO2 allein oder in einem Gemisch mit anderen Gasen wie Stickstoff und Sauerstoff als Schutzatmosphäre verwendet.
Trockeneis ist Kohlendioxid in fester Form. Es ist geruchs- und geschmacksneutral und ist, wenn es sicher gelagert und gehandhabt wird, völlig harmlos. Trockeneis wird in Form von Blöcken oder Pellets für Kühlzwecke z.B. in der Transportkühlung oder im Cateringbereich erfolgreich eingesetzt. Winzer kühlen die Ernte oder die Maische mithilfe von Kohlendioxid in Form von Trockeneispellets und verringern so die Gefahr der zu schnellen Gärung.
In der Getränkeindustrie nimmt das Gas zwei besondere Einsatzfelder ein. Zum Einen werden Getränke mittels CO2 karbonisiert und erhalten die typisch spritzige Kohlensäure. Zum Anderen ist Kohlendioxid für der Brauindustrie von großer Relevanz. Dabei kommt das CO2 nicht in das Bier hinein, wie man vermuten könnte, sondern vorab in die Fässer und Flaschen. Denn laut Reinheitsgebot darf Bier lediglich natürliche Kohlensäure enthalten, die beim Brauen entsteht. Das vorher eingeführte Gas ermöglicht unter Druck die schaumfreie Abfüllung in Fässer und Flaschen.
Stickstoff (N2) oder E 941
Anwendungsbereiche: Kopfraumbegasung, Inertisierungen, Verpacken von Nahrungs- und Genussmitteln, Abfüllen von Getränken, Steuerung von Reifeprozessen
Stickstoff ist ein sehr reines, inertes Gas. Da es höchst effizient Sauerstoff aus der Umgebungsluft verdrängt, ist es ein beliebtes Mittel für die Schutzatmosphäre von Lebensmittelverpackungen. Es schützt die Produkte vor Oxidation und verlangsamt die Verbreitung von Bakterien enorm. Da es nur sehr langsam aus Kunststoffverpackungen diffundiert, zählt es zu den meist verwendeten Verpackungsgasen. Auch Stickstoff wird meist nicht in seiner reinen Form genutzt, sondern fungiert als Füllgas. Als reines Gas kann es als Schutz für Joghurt, Milchpulver oder Kaffee dienen.
Aber auch in der Herstellung und Lagerung von Weinen wird es meist verwendet, um die Gärungsprozesse zu verlangsamen und die Qualität des Weins zu sichern. In der Brauerei ist Stickstoff als das Biergas bekannt.
Sauerstoff (O2) oder E 948
Anwendungsbereiche: Sauerstoffanreicherung von Getränken, Verpacken von Lebensmitteln, Trinkwasseraufbereitung
Sauerstoff (O2) bewirkt grundsätzlich den oxidationsbedingten Verderb von Lebensmitteln und bildet die Voraussetzung für das Wachstum aerober Mikroorganismen. Daher wird Sauerstoff bei Schutzgasverpackungen häufig ausgeschlossen. Doch manche Produkte, wie zum Beispiel rotes Fleisch, bewahrt durch den Einsatz von Sauerstoff in stark konzentrierter Form seine schöne rote Farbe länger. Durch eine hoch konzentrierte Menge O2 herrscht daher keine günstige Atmosphäre für die Verbreitung von aeroben Mikroben in der Verpackung, so kommt auch der Sauerstoff als Schutzgas in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz.
Argon (Ar) oder E 938
Das farblose Edelgas Argon ist inert und hat weder Geruch noch Geschmack. Argon wirkt oxidationshemmend und verlangsamt das Wachstum von Mikroben, so ähnelt es in seiner Wirkung sehr dem beliebten Stickstoff. Doch als Edelgas ist Argon wesentlich teurer, daher wird die Verwenden von Stickstoff dem Argon meist vorgezogen.
Argon ist schwerer als Luft, so dass es beim Einleiten in ein Gefäß den Restsauerstoff im Vergleich zum Spülen mit Stickstoff effizienter verdrängt. Seine weltweite Hauptanwendung findet Argon in der Weinkonservierung. Beim Verdrängen der Luft legt sich das Gas wie eine Schutzschicht über den in der Flasche verbliebenen Wein und bleibt so perfekt vor Oxidation bewahrt-
Wasserstoff (H2) oder E 949 und Helium (He) oder E 939
Wasserstoff und Helium dienen aufgrund ihrer sehr geringen Dichte nicht als Schutzgase für Lebensmittel, sondern eher als Hilfsgase für Verfahren zur Dichtheitsprüfung von Verpackungen. Doch sind sie keine günstige Angelegenheit und werden meist durch das deutlich erschwingliche Kohlendioxid ersetzt.
Fazit
Gase haben in der Lebensmittelindustrie ihre Daseinsberechtigung. Sie halten unsere Lieblingsprodukte länger frisch, ermöglichen den globalen Handel, verringern die Abfallquote und den Einsatz von Konservierungsstoffen und sorgen vor allem bei Getränken für den erfrischenden Geschmack und die besondere Qualität.
Über die Autorin
Inara Muradowa ist SEO-Expertin und Corporate Blogger. Neben technischer Suchmaschinenoptimierung und SEO-Beratung steht sie Unternehmen mit Konzeption und Verfassen von professionellen Blogposts tatkräftig zur Seite.