Warum kann für Acetylenflaschen kein definierter Fülldruck angegeben werden?
Das Manometer an der Acetylenflasche zeigt Werte zwischen 5-25 bar an. Ist sie etwa nicht voll, reicht der Druck noch und warum lässt er so schnell nach?
Fragen, die vor allem in der kalten Jahreszeit aufkommen.
Acetylen (C2H2) ist ein auf chemischem Wege hergestelltes Brenngas, welches die Eigenschaft hat, nach Erhitzen oder bei plötzlichem Druckanstieg (ab etwa 2 bar) detonationsartig zu zerfallen. Diese exotherme (wärmeerzeugende) Reaktion kann bis hin zur Zerstörung der Flasche führen.
Man begegnet dieser Zerfallsneigung indem man das Volumen der Acetylenflaschen in kleinste Räume aufteilt. Die Behälter für Acetylen sind deshalb keine Hohlkörper-Flaschen, sondern mit einer porösen Masse ausgefüllt, die wiederum in Aceton getränkt ist. Das Aceton löst das Acetylen und verteilt sich über die gesamten Hohlräume in der porösen Masse. Aceton kommt so als unter Druck gelöstes Gas (aber nicht: Flüssiggas) in den Verkehr.
Mit dieser Maßnahme wird einsetzender Acetylen-Zerfall verhindert und eine eventuell entstehende Flamme wieder zum Erlöschen gebracht.
Bei der Befüllung wird jede Flasche mehrfach einzeln gewogen um sicherzustellen, dass Acetylenmenge, poröse Masse und Acetonmenge im richtigen Verhältnis zueinander stehen.
In Masse und Aceton liegt das Acetylen in gelöster Form vor, ähnlich der Kohlensäure in der Mineralwasserflasche: man öffnet die Flasche und das in der Flüssigkeit gelöste Gas perlt aus.
Damit kann auch ohne hohen Fülldruck die sichere Unterbringung von weit mehr Acetylengas erreicht werden, als dies in einer Hohlkörper-Flasche möglich ist.
Der Flascheninhalt wird deshalb in Kilogramm angegeben. In der Praxis werden z.B. 40 Liter-Flaschen bis zur Sättigung mit ca. 8 kg Acetylen beladen (bei 15°C). Dies entspricht einer Acetylenmenge von etwa 7200 (Gas-)Litern.
Durch die Lösung des Acetylens im Aceton bleibt der Druck relativ gering, weshalb der Füllstand nur ungenau am Manometer zu erkennen ist. Der Gleichgewichtsdruck der Gasphase wird von der Temperatur beeinflusst:
Temperatur (°C) Druck (bar) -10 9 0 10 10 13,1 20 17 30 22 40 ca. 29 50 ca. 38
Die Geschwindigkeit des "Ausperlens" des Acetylens wird stark von der Außentemperatur beeinflusst. Eine Flasche gibt bei Zimmertemperatur wesentlich mehr Acetylen ab, als wenn sie gerade aus einer kalten Umgebung hereingeholt wurde. Auch das Entnahmeverhalten kann den Flaschendruck beeinflussen: Acetylen lässt sich nicht in einem unbegrenzten Mengenstrom entnehmen, weil der Desorptionswärmeverbrauch die Flasche so abkühlt, dass weniger Gasdruck zur Verfügung steht. Nach längerem Schweißen sollte man der Flasche etwas Zeit geben neues Gas ausperlen zu lassen, der Druck steigt dann wieder an. Bei Einzelflaschen (4 bis 10 kg) sollten kontinuierliche Entnahmemengen von 0,5 m3/h nicht überschritten werden.
Die Flaschentemperatur darf bei Lagerung 50°C nicht übersteigen.
Achtung: Acetylenflaschen dürfen - im Gegensatz zu Druckgasflaschen - bei der Gasentnahme nicht liegen, da sonst das Lösungsmittel (Aceton) in den Druckminderer fließen würde. Kann die Acetylenflasche nicht aufrecht gestellt werden, muss sie so gelagert werden, dass das Ventil mindestens 40 cm höher als der Flaschenfuß liegt.